Im Straßbuger Münster teffen wir den Historiogaphen des zaristischen Rußlands, Nikolaj Karamzin, auf einer westeuropäischen Bildungsreise während der Französischen Revolution, wie er im Inneren des Gebäudes die Raumdifferenzierung wiederholt, die sich außerhalb beginnt zu verwirren: Hier am feststehenden Stein bedarf es allein der durchgehaltenen Kopfhaltung, um nicht der hohen Gesinnung, d.i. der körperlichen Einheit verlustig zu gehen. Wenn man in das Innere tritt ..., so ist es unmöglich, sich eines ehrfurchtsvollen Schauders zu erwehren.1) Doch selbst der auratische Schauer durchbricht den bewährten Körper. Wenn dieses heilige Gefühl nicht verschwinden soll, (darf man) die Basreliefs der Gesimse und Säulen nicht betrachten, die größtenteils höchst sonderbare und lächerliche Allegorien darstellen. ... Eines dieser Basreliefs zeigt einen Mönch und eine Nonne in der unanständigsten Lage.2) So sehen wir Karamzin wie er, den Kopf in die Höhe gereckt, die 725 Stufen der Wendeltreppe zum Turm ersteigt, um von dort oben eine sichere distanzierende Ansicht der verwirrenden Menschenverhältnisse dort unten zu gewinnen, es ist die Sicht des Insektenforschers oder des Großhistorikers: Die Leute auf den Straßen gleichen wimmelnden Insekten, und die ganze Stadt scheint in einer Minute mit der Elle ausgemessen werden zu können.3) Aus dieser Perspektive wird er vom Beginn des neuen Jahrhunderts an die russische Geschichte "ausmessen", wie er sich sein Leben lang vom gemeinen Volk, den Leibeigenen Rußlands, fern halten wird; er wird sich hinauf arbeiten, bis er dann als persönlicher Freund des Zaren in dessen Familie mitaufgenommen wird, den Kopf immer ordentlich nach oben gehalten.